550 eroberte das Oströmische Reich weitere Teile Westeuropas zurück. Doch was wäre gewesen, wenn auch das Weströmische Reich neu entstanden wäre? Um diese Frage kümmert sich folgendes Szenario.

Quellen und Literatur

Ankerpunkt

Im Rahmen der Restauratio imperii eroberte das Oströmische Reich ab dem Jahr 527 weite Teile des erloschenen Weströmischen Reiches zurück: Italien und Teile von Nordafrika gehörten damit zeitweise wieder zum Imperium.

Einige spätantike Quellen sprachen sogar davon, dass der oströmische Feldherr Germanus 550 als neuer weströmischer Kaiser vorgesehen war. Er starb aber im selben Jahr kurz vor seiner Abreise nach Italien. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte verlor Konstantinopel auch einen Großteil der Eroberungen wieder.

Szenario

Das neue Weströmische Reich

Rom feiert. Nach langer Zeit wieder. Ein Kaiser zieht wieder in die Stadt ein, die bereits lange vor dem Sturz des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus 476 keinen mehr gesehen hat.

Doch es ist nicht der Kaiser des Ostens, dessen Reihe in Konstantinopel überlebte und die sich nun an die Rückeroberung der verlorenen Gebiete wagt, sondern ein neuer Kaiser des Westens.

Überblick über das Forum Romanorum, dass seit der Antike nur noch als Ruinen erhalten ist.
(Viacheslav Lopatin/Shutterstock)

Germanus ist sein Name. Aber er ist kein Barbar, wie aufgrund seines Namens zu glauben wäre. Verwandt mit dem Ostkaiser Justinian und aus altem Senatorengeschlecht gehört er zu den Spitzen der Gesellschaft von Konstantinopel.

Das einzig Barbarisch-Germanische an ihm ist seine arrangierte Ehe mit einer Gotin. Damit ist er mit dem ehemaligen Königshaus Theoderichs des Großen verschwägert, das vorher Italien beherrschte. Dies soll es den Goten leichter machen, den neuen Herrscher zu akzeptieren. Denn deren erbitterter Widerstand ist nur vorerst durch die oströmischen Generäle Belisar und Narses gebrochen worden.

Durch seine Erfahrungen im eroberten Afrika, wo Germanus erfolgreich Revolten niederschlug und das zerstörte Land in das Oströmische Reich eingliederte, scheint er prädestiniert für den Wiederaufstieg des Weströmischen Reiches.

Die instabile Spätantike

Kaiser Germanus regiert aber nur noch über einen Bruchteil jenes Westreichs, das der letzte Gesamtkaiser Theodosius 150 Jahre vorher seinem Sohn Honorius hinterlassen hatte: Italien als Kernland, dazu das Illyricum mit der dalmatischen Küste, das von Belisar bereits 534 den Vandalen entrissene Nordafrika um Karthago und Teile von Südspanien.

Der Rest von Spanien, Gallien, Britannien und das ehemals römische Germanien ist dagegen weiter in der Hand von Germanenstämmen (siehe unten Karte aus der „realen“ Spätantike).

Karte der spätantiken Welt während der Restauratio Imperii.
(Wikimedia Autor: Captain Blood/CC BY-SA 3.0)

Die Herrschaft des neuen Westkaisers ist entsprechend instabil.

Er ist von Kaiser Justinian ernannt und von dessen Unterstützung abhängig, muss aber in Italien als eigenständige Macht wahrgenommen werden.

Er verfügt über keine eigenen Streitkräfte, aber die oströmischen Legionen werden bald wieder an der Grenze zu Persien gebraucht.

Er muss sich mit dem römischen Senat arrangieren, der zwar nur noch ein Schatten seiner früheren Macht ist, aber immer noch die Land besitzende Elite und die zivile Verwaltung des römischen Italiens umfasst.

Er muss sich in den zurückeroberten, noch kriegszerstörten Gebieten mit unterschiedlichsten Germanenstämme auseinandersetzen, die sich eine gewisse Unabhängigkeit bewahrt haben, aber die größeren Streitkräfte für ein weströmisches Heer stellen können.

Neue Feinde

So steht das wiedererstandene Westrom vor enormen Herausforderungen: Ab 568 fallen die germanischen Langobarden in Italien.

Gleichzeitig stellt sich nach dem Tode Kaiser Justinians 565 heraus, dass Ostrom die Restauratio imperii finanziell nicht verkraftet hat. Es muss den Großteil seiner Armee auflösen. Hinzu kommt es in den gleichen Jahren zur Justinianischen Pest, die im Mittelmeerraum ganze Landstriche entvölkert.

632 tauchen aus den glühenden Wüsten Arabiens die Anhänger eines Propheten namens Mohammed auf. Sie schlagen die Byzantiner mehrfach, reduzieren das Ostreich auf Kleinasien und Griechenland. Danach wenden sie sich gegen Westen, erobern Nordafrika und zerschlagen das Gotenreich in Spanien.

Auch im Norden bildet sich eine neue Großmacht: Das Frankenreich hat sich über Gallien ausgebreitet, sowohl die letzten Reste römischer Herrschaft als auch andere Germanenreiche von der Landkarte getilgt. Bisher wurde es nur durch ständige Reichsteilungen unter den Königssöhnen der Merowinger-Dynastie geschwächt. Doch auch diese Zeit endet irgendwann.

Quellen und Literatur

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